Wenn die beste Freundin frisch verliebt ist – Das schwere Los der verlassenen Freunde
Richtig gute Freunde gehen miteinander durch dick und dünn. Doch was, wenn eine neue Partnerschaft in die traute Zweierkonstellation funkt? Prioritäten verändern sich, der omnipräsente Freund wird zur Randfigur, weil plötzlich die Zeit fehlt. Eine schwierige Zeit für den, der „zurückbleibt“.
„Der Sonntagabend mit Spaghetti Bolognese war uns immer heilig.“
Wenn deine beste Freundin gerade einen neuen Partner gefunden hat, geht es dir vielleicht so ähnlich wie Merle. Ein bisschen verloren sitzt sie auf dem roten Sofa in ihrer Altbauwohnung, an der Wand hängen Bilder von ihr und Julia, auf dem Riesenrad, beim Skifahren. „Einen Mann in meinem Leben habe ich gar nicht vermisst, weil mit Julia jeder Tag so lustig und ausgefüllt war“, erinnert sich Merle an die intensive Zeit mit ihrer besten Freundin. Beide Frauen waren mehrere Jahre Single. „Klar, da gab es für uns beide immer mal jemanden zwischendurch, da haben wir nächtelang die Dates analysiert und waren nach wenigen Wochen dann doch wieder als Single-Freundinnen vereint. Sogar ganze Wochenenden haben wir miteinander verbracht.“ Doch dann verliebte sich Julia in Leon, und zwar Hals über Kopf. Seitdem sitzt Merle meist allein am Wochenende auf ihrem roten Sofa, das sie so oft mit Julia geteilt hat, am liebsten am Sonntagabend mit Spaghetti Bolognese, im TV lief der Tatort. „Das war uns eigentlich immer heilig. Aber jetzt unternimmt Julia eher was im Doppelpack mit anderen Pärchen. Auch für den Mädelsurlaub hat sie gerade kein Geld. Sie spart auf eine Malediven-Reise mit ihm.“
„Ich sollte mich für sie freuen. Doch da ist auch Neid.“
So wie Merle geht es vielen Singles, deren Freundschaft durch eine Beziehung aus den gewohnten Bahnen geworfen wird. „Ich fühle mich so hin- und hergerissen.“ Einerseits weiß Merle, wie sehr sich Julia nach einer neuen Beziehung gesehnt hatte und ist froh, dass sich der Wunsch ihrer Freundin erfüllt hat. Doch Merle muss sich eingestehen, dass sie auch einige negative Gefühle verspürt. „Ich würde mich auch gerne wieder neu verlieben und muss zugeben: Ja, ich bin schon neidisch! Und frage mich, ob es überhaupt okay ist, so zu empfinden. Ich müsste mich doch eigentlich für sie freuen.“ Doch das Liebesglück ihrer Freundin erinnert eben auch an eigene Sehnsüchte, die in der engen Beziehung zu Julia in den Hintergrund gerückt waren.
Diplom-Psychologin Lisa Fischbach kann Merle beruhigen: „Es ist menschlich, in einer Freundschaft neben positiven und zugewandten Empfindungen auch Gefühle von Neid zu empfinden. Sie sind Ausdruck eines Mangels, den man bezüglich seiner eigener Bedürfnisse erfährt. Werden diese bei einem nahestehenden Menschen erfüllt, während man sie sich selbst herbeiwünscht, ist das eine nachvollziehbare Reaktion. Wichtig ist hier ein kleiner, feiner Unterschied: Du missgönnst deiner Freundin ja nicht ihr Liebesglück. Du wünschst es dir einfach auch für dich selbst.“ Merle hat bisher versucht, diese negativen Empfindungen zu überspielen, weil sie sich für sie „verboten“ anfühlten. Damit schien plötzlich die Kommunikation weniger offen und aufrichtig zu sein als zuvor, eine belastende Vorstellung. Denn gerade in Bezug auf ihre Gefühlswelten hatten beide doch nie ein Blatt vor den Mund genommen. „In engen Freundschaften wird es nicht unbemerkt bleiben, wenn du versuchst, deine wahren Gefühle zu vertuschen. Der andere kann dich meist „lesen“. Stehe besser zu deinen Emotionen und erkläre sie – Ehrlichkeit wirkt entwaffnend und schafft eine gute Grundlage für Gespräche, in denen du über deine Bedürfnisse in Bezug auf die Freundschaft sprechen kannst“, rät die Psychologin.
Man darf auch einfordern
Wenn eine Liebe die Freundschaft verändert, sind bestimmte Rituale oder Gepflogenheiten plötzlich in Frage gestellt, weil Menschen in einer Partnerschaft ihr Leben zu zweit anders als zuvor organisieren. Merle fühlt sich dieser Neuordnung hilflos ausgeliefert und hat bisher nicht gewagt, ihre Sichtweise einzubringen. Doch das ist nicht nur erlaubt, sondern in einem gewissen Rahmen sogar hilfreich und förderlich. „Sag Julia doch einfach mal, wie wichtig dir der gemeinsame Sonntagabend immer war und wie sehr du ihn vermisst“, rät Single-Coach Lisa Fischbach. „Jede Woche kann dieses Ritual vielleicht nicht aufleben, aber du kannst ja vorschlagen, ihn einmal im Monat einzuführen. Auch die Freundschaft muss neu verhandelt werden, wenn eine Beziehung alles Gewesene auf den Kopf stellt. Und dazu gehört auch, Dinge zu fordern, die elementar sind, um sich in dieser Freundschaft weiterhin wohl zu fühlen.“
Echte Freunde tolerieren jedes Lebensereignis
Viele Frischverliebte blenden in der ersten Zeit auf Wolke 7 die Erwartungen und Bedürfnisse der Umwelt einfach aus. Eine gewisse Zeit lang sollte man das als Außenstehender unkommentiert beobachten, schließlich müssen hier zwei verliebte Individuen erst einen gemeinsamen Weg finden, bevor sie sich wieder dem Außen zuwenden – das ist normal. Doch wenn der Blick für die anderen ausbleibt, darf ein Freund auch auf Missstände hinweisen, um nicht übersehen zu werden. Der andere ist womöglich sogar dankbar für den Anstoß, denn für viele Menschen bleiben Freunde ein wichtiger Teil des Lebens, auch wenn sie in einer Beziehung leben. Idealerweise bringen beide Seiten Toleranz und Entgegenkommen ein, so wie es eine Nutzerin des ElitePartner-Forums beschreibt: „Echte Freunde tolerieren jedes Lebensereignis, jede Veränderung. Ich habe 3 beste Freunde seit 34 Jahren (w) und seit 21 Jahren (2m). Wir haben 3 Hochzeiten, 2 Scheidungen, 11 Umzüge, 7 Kinder insgesamt überstanden. Manchmal monatelang nichts mehr gehört. Aber im Zweifel sind sie sofort da. Ohne Geklage, Vorwürfe, Gejammer. Ich auch. Dann haben wir mal wieder täglich Kontakt oder mehrfach täglich. Das ist Freundschaft. Zuneigung, Vertrauen und Toleranz. Den anderen zu nehmen, wie er gerade ist.“
Eine neue Partnerschaft lässt die Freundschaftsqualität sichtbar werden
„Sind Freunde sich wirklich nah und am Wohl des anderen interessiert, kann eine neue Liebe nicht dazwischen funken, weil sich beide Seiten früher oder später dafür engagieren werden, dass die Freundschaft fortbesteht“, so Lisa Fischbach. In einer veränderten Situation durch eine neue Partnerschaft steckt somit auch die Chance, den Wert einer Freundschaft zu erkennen, der sonst eher im Verborgenen bleibt. „Die Spreu trennt sich schnell vom Weizen, wenn es darum geht, limitierte zeitliche Ressourcen einzuteilen.“ War eine Freundschaft in Single-Zeiten nur eine bessere Alternative zu einem einsamen Fernsehabend, aber hatte nie einen besonders hohen Stellenwert, zeigt sich dies häufig erst, wenn Prioritäten gesetzt werden müssen. Wer in einer zeitintensiven Beziehung steckt, ist gezwungen, wieder stärker zwischen „engen Freunden“ und „Bekanntschaften“ zu unterscheiden und den Freunden den Vorzug zu geben, die ihm wichtiger sind. Wer bemerkt, dass er der anderen Person weniger wichtig ist als erhofft, bleibt desillusioniert zurück. Dennoch ist diese Klarheit positiv zu bewerten – der Betroffene merkt, woran er ist. Doch auch eine enge Freundschaft kann stark in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn plötzlich eine Beziehung hinzukommt. Dabei spielen bestimmte „Typen“ eine Rolle.
Die Beziehungsfreundin-Typologie
- Die Bemühte: Vielleicht hat sie in ihrem Leben schon einmal erlebt, was passiert, wenn man eine Freundschaft zugunsten einer Beziehung vernachlässigt. Dank dieser Erfahrung ist sie sehr bewusst darum bemüht, ihren Freundschaften trotz Beziehung gerecht zu werden. Sie pflegt den Kontakt und zeigt sich kompromissbereit. Auch, wenn sich die Vorzeichen verändert haben: Das Interesse an der Freundschaft ist trotz neuer Partnerschaft spürbar.
- Die Kopflose: Sie schwebt auf Wolke 7 und kostet die neue Liebe in vollen Zügen aus. Dabei fällt ihr entweder nicht auf, dass sie ihre Freundschaften vernachlässigt oder sie misst diesem Zustand nicht so viel Gewicht bei. In beiden Fällen bedarf sie ein wenig Nachhilfe, um das Bewusstsein zu erlangen, dass ihre Freundschaften in Gefahr sind. Ein offenes Gespräch kann helfen, zum Nachdenken anzuregen und die freundschaftlichen Bande neu zu beleben.
- Die Abgetauchte: Sie ist völlig von der Bildfläche verschwunden und ein Auftauchen ist nicht absehbar: Die Freundin wurde von ihrer neuen Liebe vollständig absorbiert. Eine Beziehung kann für diesen Frauentyp eine Art Lebensinhalt darstellen, Freundschaften sind nur für den Übergang wichtig, um das Alleinsein zu überbrücken. Wenn die Bereitschaft fehlt, auch mit Partner eine Freundschaft zu pflegen, ist jeder Versuch der Kontaktaufnahme vergebene Liebesmüh.
Persönlichkeiten verändern sich – Beziehungen auch
Es ist kein Zufall, dass Freundschaften ausgerechnet dann auch auf dem Prüfstand stehen, wenn einer der beiden Freunde sich verliebt. Eine neue Beziehung erfordert häufig neue Strukturen. Hier zeigt sich, wie sehr eine Freundschaft „trägt“, wie stark ihr Fundament ist. Sie muss schließlich Meinungsverschiedenheiten über die Organisation der Freundschaft aushalten, negative Gefühle wie Neid zulassen können und Raum zum Verhandeln lassen. Fühlen sich zwei Menschen gleichermaßen stark verbunden, ebnen offene Gespräche über die eigenen Erwartungen und Vorstellungen den Weg in eine Neugestaltung. Lisa Fischbach rät: „Lass in einem solchen Gespräch keine Vorwürfe fallen, sondern spreche besser von deinen Empfindungen und Wünschen, die du in Bezug auf die Freundschaft hast. Setze deinem Freund dabei nicht die Pistole auf die Brust – auch er muss sein Leben neu sortieren, Prioritäten setzen und mit dem Partner verhandeln. Das kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, die du deiner Freundschaft auch geben solltest.“
Manchmal muss man zulassen, dass Lebenswege nicht mehr zueinander passen.
Möglicherweise treten in dieser Konstellation auch verdeckte Konflikte zutage wie eine bereits bestehende Einseitigkeit oder große Unterschiede in der Lebenseinstellung. Diese Haltungen können sich im Laufe einer Freundschaft beinahe unmerklich auseinanderentwickeln – und ein neuer Partner bringt diese erst ans Licht. Zieht sich die eine mit neuem Partner, Kindern und Tieren aufs Land zurück, während die andere ein urbanes Partyleben führt, kann die ursprüngliche Verbundenheit trotz jahrelanger Freundschaft in den Hintergrund geraten. Eine neue Partnerschaft sprengt dann das ohnehin schon brüchig gewordene Konstrukt. „Manchmal muss man einfach zulassen, dass Lebenswege nicht mehr zueinander passen. Dann hilft es, sich selbst zu verorten: Was möchte ich im Leben? Was ist mir wichtig? Wie verbringe ich gerne Zeit? Wie sollte eine Freundschaft sein, die mich bereichert? Wer diese Fragen für sich beantwortet hat, kann den individuellen Wert einer Freundschaft besser beurteilen und bestimmen, wie viel er in sie noch investieren möchte. Zugleich lässt sich auf diese Weise gezielt auf die Suche nach neuen Gleichgesinnten gehen – zum Beispiel über ein neues Hobby.
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