Wie sich Karriere-Ich und Beziehungs-Ich unterscheiden
Durchsetzungsstärke, Autarkie, Leistungsbereitschaft: Eigenschaften, die erfolgreiche Singles in ihrem anspruchsvollen Job-Alltag verinnerlicht haben, können in einer Partnerschaft auch für Schwierigkeiten sorgen. Dabei ist die sanfte Seite der Beziehungspersönlichkeit die relevante Größe bei der Partnerwahl, weiß Experte Prof. Dr. Andresen. Welche Tipps helfen können, diese hervorzukehren, liest du hier.
„Du bist interessant, aber ich suche etwas anderes“
Für den Unternehmensberater Thorsten besteht der Alltag oft aus eng getakteten Terminen, zwischen die er auch mal ein Date schiebt. Seit drei Jahren ist er Single und hat im Online-Dating eine gute Möglichkeit gefunden, trotz anspruchsvollem Beruf nach einer Partnerin zu suchen.
Dieses Mal war er besonders in Eile: Ein wichtiges Meeting in München, der Flieger war mit Verspätung in Hamburg gelandet. Keine Zeit, sich noch zu Hause umzuziehen. So erschien Thorsten im Business-Anzug und Aktentasche im Restaurant, wo Karina schon auf ihn wartete. Geistig noch mit der geschäftlichen Verhandlung beschäftigt, entlud sich die Anspannung des Tages in einem Monolog über seine Arbeit. Ohne nachzudenken bestellte er am Ende des Abends beim Kellner die Rechnung mit dem Zusatz „Getrennt, bitte“. Umso überraschter war er, als sie sich mit den Worten verabschiedete: „Thorsten, du bist wirklich ein interessanter Mann. Aber ich suche etwas anderes…“
„Frauen wie auch Männer suchen nach emotionalen Qualitäten“
Zunächst reagierte Thorsten innerlich enttäuscht und war verletzt, doch dann war er dankbar für diese Rückmeldung. Ihm wurde bewusst, dass er Karina nicht sein privates Ich, sondern sein Job-Ich gezeigt hatte. Dabei ist Thorsten in einer Beziehung das komplette Gegenteil, er hatte es nur versäumt, die andere Seite von sich durchblitzen zu lassen. Und warum sollte eine Frau auf der Suche nach einer Partnerschaft Interesse an Thorsten entwickeln, wenn er beim ersten Date seine beruflichen Erfolge in den Vordergrund stellt?
Psychologin und Beziehungsexpertin Lisa Fischbach kennt das Dilemma aus ihrer Praxis. Natürlich dürfen Männer wie auch Frauen stolz auf ihre Unabhängigkeit und ihre beruflichen Erfolge sein. Sich auch privat nur über den Job zu definieren und Verhaltensweisen aus dem Job auf die Beziehung zu übertragen, ist jedoch kontraproduktiv bei der Partnersuche.
„Frauen wie Männer verlieben sich weniger in Status, beruflichen Erfolg oder Errungenschaften. Sie suchen vielmehr emotionale Qualitäten, die sie ergänzen – und möchten sich in die Beziehung öffnen und fallen lassen können. Das zeigen auch die Daten unserer bevölkerungsrepräsentativen ElitePartner-Studie eindeutig.1 Deshalb ist es wichtig, bei der Partnersuche diese Seiten schon früh durchscheinen zu lassen – auch wenn es natürlich immer Zeit braucht, sich ganz zu öffnen.“
Lisa Fischbach, Psychologin und Forschungsleiterin bei ElitePartner
Konkurrenzdenken? Privat kein guter Ratgeber!
In einer Männerdomäne seit 20 Jahren beruflich etabliert, hat Suzetta ihr Leben auch privat voll im Griff. Die Bauleiterin besitzt einen Oldtimer, an dem sie selbst herumschraubt, und sogar eine Rennlizenz. Dinge reparieren, Leuchten aufhängen – kein Problem für die selbstbewusste Frau. „Männer finden diese Eigenschaften zunächst sehr anziehend – in einer Beziehung wird dieses aber schnell zur ‚Bedrohung’“, berichtet sie im ElitePartner-Forum. Wie viele andere gut ausgebildete Frauen sieht sie überhaupt keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern im Job – auch wenn in vielen Unternehmen noch immer ein Führungsstil gelebt wird, der eher machtorientiert ist. „Um sich in der lange von Männern geprägten Arbeitswelt zu behaupten, neigen manche Frauen dazu, sich so zu geben, dass sie gar die ‚besseren Männer‘ verkörpern. Im Job hat dieser Konkurrenzgedanke vielleicht Vorteile, im Privaten hat er nichts zu suchen“, konstatiert Lisa Fischbach. Beruflicher Erfolg vermittelt Frauen – ebenso wie Männern – in vielen Bereichen ihres Lebens ein sicheres Gefühl. Finanzielle Sicherheit und Anerkennung machen ihn zu einem Ankerpunkt. Beim Small-Talk kann diese Eigenständigkeit auf das andere Geschlecht interessant wirken. Doch wenn sich das Konkurrenzdenken auf die Beziehung überträgt kann das die Liebe in Schieflage bringen.
Hart im Job, weich in der Liebe? Ganz natürlich!
In Beziehungen wünschen sich Männer genauso wie Frauen häufig emotionale Kompetenzen wie emotionale Intelligenz und Empathie. Erfolgreiche im Business, verständnisvoll und warmherzig in der Liebe: Das muss kein Widerspruch sein. Bei der Annahme, dass unsere beruflichen und privaten Facetten deckungsgleich sein müssen, handelt es sich vielmehr um einen verbreiteten Irrtum.
Berufs-Ich und Beziehungs-Ich
Psychologie-Professor Dr. Burghard Andresen aus Hamburg, Experte für Persönlichkeits- und Partnerschaftsforschung, unterscheidet zwischen der Allgemeinpersönlichkeit und der Beziehungspersönlichkeit. In einem Interview mit ElitePartner erklärt er, warum eine beruflich erfolgreiche Frau oder Mann privat ganz anders sein kann: „Aus der ‚allgemeinen Persönlichkeit‘ [, die beispielsweise im Beruf zutage tritt,] lässt sich die ‚Beziehungspersönlichkeit’ nicht ausreichend vorhersagen.“ So bedeutet eine allgemeine Dominanz nicht, dass diese auch in Beziehungen aktiv wird.“ Es geht beim Modell der Beziehungspersönlichkeit nicht nur um Partnerschaft, sondern um zwischenmenschliche Bindungen allgemein: So kann zum Beispiel eine Frau als Anwältin knallhart die Interessen ihrer Mandanten durchboxen, zu Hause jedoch aufopferungsvoll in ihrer Mutterrolle aufgehen, ihrem Mann wichtige Entscheidungen überlassen und im Freundeskreis als eher schüchterne Frau gelten. Den Grund hierfür beschreibt Prof. Dr. Burghard Andresen so: „Menschen scheinen ihre Temperaments- und Charakterzüge nicht in allen Lebensbereichen und gegenüber allen möglichen Personen in gleicher Ausprägung zu verwirklichen. Persönlichkeitszüge sind oft situationsgebunden unterschiedlich stark ausgeprägt“.
Wir vereinen widerstrebende Kräfte in uns
Diese Erkenntnis kann im ersten Augenblick irritierend sein, doch es ist normal, mannigfache oder sogar widersprüchliche Anteile in sich zu vereinen. Private Sehnsüchte nicht hinter dem Berufs-Ich zu verstecken, sondern das Beziehungs-Ich in der Begegnung mit einem Date oder einem Partner hervortreten zu lassen, kann durchaus etwas Reflektion erfordern. „Die Beziehungspersönlichkeit steuert unser Beziehungsverhalten und -erleben: Was erwarte ich von meinem Partner? Was habe ich für Sehnsüchte? Soll er dominant sein? Sicherheit geben? Suche ich den Beschützer, den Versorger, suche ich Nähe oder lieber Distanz? Wie ist mein Streitverhalten? Dazu gehört natürlich auch der gesamte sexuell-erotische Bereich mit den intimen persönlichen Wünschen und Erwartungen“, erklärt Prof. Dr. Andresen. „Trifft ein Partner auf einen möglichen Gefährten, wird die Beziehungspersönlichkeit relevant. Romantische Erwartungen kommen auf, erotische Anregungen kommen ins Spiel, ebenso Flirtverhalten, vielleicht auch Eifersucht – das sind alles qualitativ besondere Elemente von Erlebnis- und Verhaltensweisen, die anders sind als das Verhalten gegenüber Nachbarn, Kollegen, Bekannten oder Freunden.“
Perspektivenwechsel: Fühlt sich dein Gegenüber angesprochen?
Als beruflich erfolgreiche Frau oder Mann eine weiche Seite zu zeigen, ist insofern keine Strategie oder das bewusste Hineinschlüpfen in eine Rolle. Vielmehr geht es darum, die privaten Bedürfnisse und Wünsche, die im Alltag eines erfolgreichen Menschen möglicherweise „verlernt“ wurden, hervorzuholen und ihnen den nötigen Raum zu geben. Eine Frau, die im ElitePartner-Forum mitdiskutiert, verweist auf die Liebe an sich: „Ich verdiene mein eigenes Geld, ich kann eine Lampe aufhängen und einen Reifen wechseln. Ich trau mich alleine ins Theater oder ins Restaurant. Also wenn es ums ‚brauchen’ geht, dann geht es auch ohne Mann. Aber ich möchte einen Mann, der mich liebt und den ich liebe, mit dem ich mein Leben gemeinsam erleben kann“. Und damit sich ein solcher Mann angesprochen fühlt und sich eine Partnerschaft vorstellen kann, sollten gerade beruflich erfolgreiche Menschen lernen, immer wieder bewusst Kontakt zu ihrer Beziehungspersönlichkeit aufnehmen und diese stärker nach außen kehren.
4 Tipps, wie du beim Online-Dating deine weiche Seite zeigst
- Den wissenschaftlichen Test von ElitePartner „als Privatperson“ ausfüllen Der Beziehungspersönlichkeit beim Test den Vortritt zu lassen, wirkt sich entscheidend auf das Testergebnis aus. Wer beispielsweise als autark und dominant aus dem Test hervorgeht, privat aber ganz anders ist, hat den Test wahrscheinlich im Jobmodus ausgefüllt, etwa im Büro zwischen zwei Meetings. Daher ist es hilfreich, sich dem Test zur Beziehungspersönlichkeit mit seinen vielen beziehungsrelevanten Fragen im entspannten, privaten Umfeld zu widmen und in der Haltung auszufüllen: „Wie bin ich in einer Partnerschaft, was suche ich da, wie zeige ich mich?“
- Private Vorzüge im Online-Profil und im „Ich über mich“ betonen Welche privaten Eigenschaften und Werte möchtest du in deinem Online-Profil betonen? Reflektierte Angaben über dein Beziehungs-Ich erweisen sich im Profil unter „Über mich“ als Vorteil. Es geht schließlich um dich als Beziehungspartner, die sich potenziellen Beziehungskandidaten authentisch vorstellen möchte. Der Fokus der Angaben sollte daher nicht auf Job, Unabhängigkeit und Karriere liegen. Stattdessen geht es darum, deine privaten Hobbys, deine Geselligkeit oder deine Warmherzigkeit in den Vordergrund zu stellen und auf dieser Grundlage einen passenden Menschen anzusprechen.
- Profilcheck: Kann dein Gegenüber Raum für sich herauslesen? Sobald du dein Profil ausgefüllt hast, lohnt es sich, die Perspektive zu wechseln und sich in die Rolle des Lesers zu versetzen, also in die einer interessieren Frau oder eines interessierten Mannes. Fühlt sich ein potenzieller Partner angesprochen und kann er sich vorstellen, in der Beschreibung eines perfekten Wochenendes an deiner Seite zu sein? Wenn der fiktive Partner in spe bereits in den zukünftigen Lebensentwurf mit einbezogen wird, erhöht das mit hoher Wahrscheinlichkeit das Interesse und motiviert, aktiv zu werden.
- Das 1. Date: Lieber kleine Schwächen zulassen als den perfekten Auftritt hinlegen Gerade bei einem ersten Date ist es ganz normal, nervös zu sein – und so liegt die Verlockung nahe, das souveräne Berufs-Ich hervorzukehren und den aufgeregten Teenager hinter einer Fassade zu verstecken. Dabei wirken gerade kleine Unsicherheiten hochgradig sympathisch! Etwas Nervosität zuzugeben, kann dich, egal ob Mann oder Frau, auch sehr nahbar wirken lassen – gerade dann, wenn du insgesamt eher als souveräner Typ auftrittst. Auch im Gespräch ist es für dein Gegenüber wichtig zu erkennen, ob eure Personlichkeit auch auf emotionaler Ebene zusammenpasst. Es gilt also, bewusst das Business-Kostüm auf dem Weg in ein Date abzustreifen und als Privatmensch mit Beziehungswunsch anzukommen.
Fazit
Die Facetten unserer Persönlichkeit sind vielfältig. Welche in einer Partnerschaft zutage treten, hängt nicht nur von unseren teilweise tief vergrabenen Sehnsüchten und Wünschen ab, sondern auch von dem jeweiligen Gegenüber. Im Privatleben sollte die sogenannte Beziehungspersönlichkeit die Oberhand haben. Sie kann deckungsgleich mit der Allgemeinpersönlichkeit sein, in den meisten Fällen ist sie es aber nicht – so irritierend das auch sein mag. Beruflich vorteilhafte Verhaltensweisen, Erwartungen und Ansprüche im Privaten zu adaptieren, kann sich daher als kontraproduktiv erweisen. Wer der Beziehungspersönlichkeit stattdessen Raum lässt, sich zu entfalten, lebt authentischer und bereichert mit dieser verletzlichen und weichen Seite auch die Partnerschaft mit dem liebenden Gegenüber.
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