Führt die große Online-Auswahl zum „Partner-Shopping“?
Wer sucht nicht den perfekten Partner? Und wenn er sich nicht vor der eigenen Haustür finden lässt, dann liefert sicher das Internet die bessere Hälfte. Schließlich sind die Datenbanken voll von potenziell passenden Partnern. Man muss nur richtig suchen und aussieben. Kommen dir diese Gedanken bekannt vor? Oder gerätst du umgekehrt immer wieder in Date-Situationen, die sich eher wie ein Bewerbungsgespräch und nicht wie ein nettes Kennenlernen anfühlen? Wir haben das Phänomen „Partner-Shopping“ beleuchtet.
Die enorme Wahlfreiheit
Ob online oder offline: Überall warten potenziell passende Partner auf uns, Beschränkungen sind durch das Internet vollkommen aufgelöst worden. Der Anwalt aus Hannover kann via Netz ebenso eine Frau von nebenan als auch Singles aus München kennenlernen, ist er auf einer internationalen Online-Dating-Börse aktiv, ist auch die internationale Partnersuche kein Problem. Regionale Grenzen, Ländergrenzen und gesellschaftliche Einschränkungen sind heute quasi nicht mehr existent. Menschen, mit denen man im Offline-Leben niemals zusammengekommen wäre, trifft man in der Online-Welt zuhauf. Das Ergebnis: Im Internet kann jeder jeden kennenlernen. Zu jeder Uhrzeit, von jedem Fleck auf der Welt aus.
Die neuen Kontaktmöglichkeiten gehen Hand in Hand mit dem gesellschaftlichen Wandel und haben auch unser Wertesystem verändert und geprägt. Flexibilität – ein Signalwort der heutigen Gesellschaft – wird nicht nur im Job gefordert, sie hat sich auch in unserem Privatleben ausgebreitet. Beziehungen sind keine statischen Systeme mehr. Überhaupt hat sich unsere Haltung zu Beziehungen und der Liebe gewandelt.
„Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt“
Vergleicht man etwa die früheren und heutigen gesellschaftlichen Bedingungen, wird der Wandel deutlich: Normen und Regeln wie „Ich darf mich nicht trennen, weil ich sonst gesellschaftlich ausgeschlossen werde/ weil ich zu alt bin und niemanden mehr finde/ weil ich mich allein wirtschaftlich nicht über Wasser halten kann“ werden von der jüngeren Generation aufgebrochen. Längst ist es nicht mehr verpönt, sich zu trennen. Es werden zweite und dritte Familien gegründet, die Zahl der Patchwork-Familien wächst, Singlehaushalte werden nicht mehr bemitleidet, sondern gelten als chic. Jean Paul Sartres Satz „Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt“ passte nie besser als heute zu unserer Suche nach Liebe und unserer Art, Beziehungen zu führen. Und so führen viele ihr Leben und Lieben nach dem Motto: Eine Liebe geht, die nächste kommt. Durch das Internet haben sich zudem die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme signifikant erhöht. Herrschte früher teilweise ein Mangel an Alternativen, gibt es heute geradezu ein Zuviel an Liebesmöglichkeiten. Oder, wie es die Soziologin Eva Illouz in der taz überspitzt formulierte: „Werther würde heute nicht mehr Selbstmord begehen. Er würde im Internet nach einer Frau suchen.“
Vorteile und Nachteile der Vielfalt
Doch welche Vorteile und welche Risiken bringen die neuen Möglichkeiten mit sich? Dass der Pool potenzieller Partner wächst, ist auf der einen Seite eine positive Auswirkung des modernen Partnermarktes. Neben den traditionellen Möglichkeiten der Partnersuche können wir im Internet nach einem Partner suchen, der wirklich gut zu uns passt, der unsere Interessen teilt und mit dem uns ähnliche Weltansichten verbinden. Und dank komplizierter Matchingverfahren können diese Punkte bereits vor dem ersten Kennenlernen abgeklärt werden. Doch die Menge an potenziell passenden Partnern kann auch überfordern. Wer mit diesem großen Pool nicht umgehen kann, läuft Gefahr, die Liebe wie ein Konsumgut zu betrachten. Die Folge: Die Vielzahl an passenden Möglichkeiten löst ein sogenanntes Partner-Shoppingverhalten aus, beziehungsweise überfordert Personen mit der Tendenz zu einer „Shopper-Persönlichkeit“. Anstatt sich für eine Beziehung zu entscheiden, wird Bindung eher vermieden. Der Shopper wird zu einem ewig Suchenden, der hinter jeder Ecke ein noch besseres Produkt aka besseren Partner wähnt. Der amerikanische Journalist Dan Slater widmete genau diesem Phänomen ein Buch. In “Love in the Time of Algorithms: What Technology Does to Meeting and Mating” beschreibt er, wie die Online-Partnersuche unser Beziehungsverhalten beeinflusst: Auf der Suche nach dem Maximum legen wir uns nur noch ungern auf jemanden fest. Was, wenn hinter der nächsten Mail der wahre Traumpartner steckt?
Instabile Beziehungen werden zur Norm
Psychologin Lisa Fischbach fasst das Problem so zusammen: „Die ständige Optimierungstendenz, der Gedanke, dass es vielleicht noch einen Besseren für mich gibt, ist insofern problematisch, weil es eine permanente Unruhe und Verunsicherung mit sich bringt, die auf dauerhafte Bindung und Geborgenheit kontraproduktiv einwirkt. Gerade junge Menschen mit wenig Beziehungserfahrung leiden darunter.“ Am besten gefeit vor der Partner-Shopping-Mentalität sind die 50plus-Singles, vor allem die weiblichen. Fischbach: „Das ist die Zielgruppe, die am wenigsten gefährdet ist, weil sie in ihrem Umgang mit Bindungen und Partnerschaften bereits sehr gefestigt ist.“ Sprich, bei ihrem Wertesystem rangiert eine stabile Beziehung vor dem sogenannten Maximierungsprinzip: Ein Partner muss nicht maximalen Anforderungen entsprechen, sondern muss zur eigenen Person passen. Ein großer Unterschied, denn Passen heißt nicht Perfektion.
„Das ‚Ex-und-hopp-Prinzip‘ der Gesellschaft macht vor Partnerschaften nicht halt.“
Doch nicht nur für Singles kann sich die riesige Auswahl an Partnern negativ auswirken, auch für Beziehungen spielt sie eine Rolle. Prof. Dr. Thomas Klein von der Universität Heidelberg formuliert es so: „Der Wunsch nach Partnerschaft hat nicht abgenommen, aber trotzdem sind Beziehungen instabiler geworden, weil die Bereitschaft abgenommen hat, in die Lösung von Problemen zu investieren. Das ist im Kontext des Maximierungsprinzips bei der Partnerwahl zu sehen, die den Partnerwechsel fördert. Wenn etwas mit dem Partner nicht passt, gibt es vielleicht einen besser Passenden. Zudem destabilisieren Alternativen die Beziehung. Allerdings spielt das erst eine Rolle, wenn etwas nicht gut läuft.“ Kurz gesagt: Auswahl fördert die Wechselbereitschaft. Und die problemorientierte Beziehungsarbeit findet immer weniger statt. Heute machen Schwierigkeiten nicht selten den Schlusspunkt einer Beziehung aus. „Das ‚Ex-und-hopp-Prinzip‘ der Gesellschaft macht vor Partnerschaften nicht halt. Wenn heutzutage ein Wecker nicht mehr funktioniert, wird er kaum mehr repariert, sondern Ersatz gekauft. Das ist die Logik der kapitalistischen Marktwirtschaft, die auch unsere Haltung zur Liebe beeinflusst“, resümiert Lisa Fischbach.
Exkurs: Studienergebnisse – Zweifel an der Beziehung
Die neue ElitePartner-Studie bestätigt den Trend, dass immer mehr Liierte unentschlossen sind und an ihrer Partnerwahl zweifeln. In Zahlen bedeutet das: 16 Prozent der unverheirateten Liierten grübeln darüber, ob sie nicht noch jemand Besseres finden können, neben dem es sich lohnt, aufzuwachen. Besonders anfällig für solche Zweifel an eine künftige Beziehung sind Männer zwischen 30 und 39 Jahren. Hier stellt sich mehr als jeder siebte Mann die Frage, ob die Frau an seiner Seite bereits die Richtige ist. Ganze elf Prozent der befragten Liierten haben sich die Romantisierung der Liebe schlichtweg abgewöhnt: Sie glauben nicht an eine lebenslange Liebe, sondern daran, dass Beziehungen per se nur ein paar Jahre glücklich funktionieren können. Auch bei den Singles hat sich das „Nicht-Festlegen“ manifestiert. So will jeder vierte Singlemann und jede vierte Singlefrau zwischen 30 und 39 das Alleinsein genießen und keine Beziehung führen. So kommt es, dass viele Singles, die sich eine Beziehung wünschen, immer wieder auf Bindungsunwillige treffen. 36 Prozent der Singlefrauen zwischen 20 und 39 Jahren sagen, dass sie diese Erfahrung immer wieder machen. Umgekehrt berichten auch 30 Prozent der gleichaltrigen Männer von Begegnungen mit bindungsscheuen Frauen.
Was ist eine Shopper-Persönlichkeit?
Ein Partnerschafts-Shopper betreibt die Partnersuche nach dem Motto „Wer am meisten zu bieten hat, bekommt auch am meisten geboten“. Sie übertragen die Mechanismen der kapitalistischen Marktwirtschaft auf die Partnersuche. Wenn dieser Typus online nach einem Partner sucht, wird er besonders akribisch nach seinen festen Qualitätsmerkmalen aussieben. Was diese Qualitätsmerkmale ausmacht, ist individuell. Für den einen kann sozialer Status, Einkommen und ein für ihn „perfekter“ Lebenswandel besonders wichtig sein, ein anderer sucht vielleicht nach dem Prinzip „hübsch, gebildet, eloquent.“ Gemeinsam haben die Shopper-Persönlichkeiten eines: Sie suchen einen perfekten Partner, sprich, jemanden, der haargenau in ihr Schema passt. So geht die Partnersuche, ob offline oder online, für den Partner-Shopper immer weiter. Es könnte ja noch jemand Besseres, ein perfekter Partner, zu finden sein.
Woran erkenne ich, dass ich einen Shopper date?
Den Bindungsunwilligen vom Shopper zu unterschieden, ist allerdings nicht einfach. Lisa Fischbach beschreibt das Problem: „Bindungsunwillige und Shopper verhalten sich im Ergebnis gleich. Die Shopper legen viel Wert auf ihre jeweiligen Idealvorstellungen. Beim Date verhalten sie sich prüfend und kritisch, sind aber auch schnell wieder weg, wenn der Partner nicht ins Idealbild passt.“ Weicht ihr Gegenüber auch nur im Geringsten von dem Bild ihres Wunschpartners ab, unterbrechen sie den Kennenlernprozess. Fischbach: „Liebe auf den zweiten Blick gibt es für den Partner-Shopper nicht. Sobald etwas nicht passt, wird aussortiert. Das sind Typen, die schnell auftauchen und schnell wieder verschwinden. Ist der erste Eindruck nicht optimal, besteht kein Interesse für die Chance auf einen zweiten.“ Datet man diesen Liebestyp fühlt man sich „beim Kennenlernen ständig unter Begutachtung, wie in einem Bewerbungsgespräch, in dem der andere eine Checkliste abgeklopft.“ Fischbach rät: „Da sollte jeder auf sein Gefühl vertrauen, dass hier jemand auf der anderen Seite sitzt, der durch viele Kriterien am Ideal geleitet wird. Da sollten die Alarmglocken schellen.“
Bin ich ein Partner-Shopper?
Wer zweifelt, ob er eventuell selbst zu den Partner-Shoppern gehört, sollte sich reflektieren. „Wer an sich feststellt, dass er bei der Partnersuche immer nur nach etwas Besserem Ausschau hält und doch nicht wirklich fündig wird, der steht bereits mit anderthalb Beinen in der Shopping-Falle“, erklärt Lisa Fischbach. Menschen, deren Suche nach einem Partner im Denken und Verhalten durch eine starke Orientierung am Maximierungsprinzip geprägt ist, legen äußerst strenge Kriterien bei der Partnerwahl an, sind schnell unzufrieden, irgendwas passt nie und Kleinigkeiten werden zum Anlass genommen, den Kontakt zu verwerfen, um in andere Möglichkeiten zu investieren. „Wer ständig sucht, aber nie findet, ist in seiner Persönlichkeit hinsichtlich seines Liebesstils durch eine Haltung der Marktorientierung geprägt. Das kann letztendlich den Weg in eine erfüllende Beziehung erschweren. Wer an dieser Stelle Frust und Unzufriedenheit erlebt, den Grund aber im Mangel seines Gegenübers sieht, sollte den Blick nach innen richten und ehrliche Analyse betreiben“, empfiehlt Lisa Fischbach.
Wege aus der Shopper-Falle
Personen mit einer Partner-Shopping-Attitüde durchlaufen meist eine Phase der Frustration bis sie bereit sind etwas zu verändern. Zunächst versucht der Shopper sein vermeintliches Problem – die unerfüllte Suche nach dem erstrebenswerten Idealpartner – paradoxerweise mit einer immer weitergehenden Suche nach dem Maximum zu lösen. Er wird weiter aussieben und seine Ansprüche erhöhen. Im perfekten Partner liegt seiner Meinung nach die Antwort. Doch er kommt nicht wirklich ans Ziel, im Gegenteil, er verhindert eine tiefe Beziehung. Er wird entweder ständig Kurzbeziehungen eingehen, viele wechselnde Partnerschaften durchlaufen oder in der Suche verharren und alleine bleiben. Irgendwann wächst die Unzufriedenheit und der Leidensdruck, dass er möglicherweise bereit ist, nach innen zu schauen. Und sich eingesteht: So kann es nicht weitergehen.
Lisa Fischbach gibt zu bedenken: „Das braucht aber die Bereitschaft zur Selbstreflektion und die tiefe Erkenntnis, dass ein vermeintlich perfekter Partner keine perfekte Beziehung garantiert. Oft braucht es dafür eine professionelle Unterstützung in Form eines Single-Coachings oder einer psychologischen Beratung. Was daran ist vielleicht eine maskierte Beziehungsangst? Woher kommt diese Art, welche Bedürfnisse sollen erfüllt werden? Wichtig ist, dass ein solcher Typus zu dem Punkt kommt, für sich wahrzunehmen, was er wirklich braucht, um in einer Beziehung glücklich zu werden und was er loslassen kann.“
Fazit
Wer sich nicht von dem Überangebot von Partnern, das einem im Netz angeboten wird, verführen lässt und Mut zur Entscheidung für Bindungen beweist, wird belohnt. Denn den einen perfekten Partner gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nicht. Wohl aber passende Partner, mit denen man – trotz kleiner Schwächen – eine glückliche Beziehung führen kann.
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