Asexuell: Wenn Sex zur Nebensache wird
Wer selten Lust auf Sex hat, bekommt häufig das Prädikat „asexuell“ aufgedrückt. Doch was bedeutet das eigentlich genau und welche Ursachen stecken dahinter? ElitePartner liefert Antworten und verrät dir, wie dieses Beziehungsmodell funktionieren kann.
Inhaltsverzeichnis:
- Was ist asexuell?
- Asexualität: Ursachen im Überblick
- Selbsttest: Bin ich asexuell?
- So funktioniert eine asexuelle Beziehung
- Fazit: asexuell und glücklich schließt sich nicht aus
Was ist asexuell?
Die gute Nachricht vorweg: Wer sexuell gefühllos ist, ist nicht krank oder leidet unter seiner Lustlosigkeit. Anders als bei Impotenz oder Orgasmusstörungen fühlen sich Betroffene in ihrer Sexualität und ihrem Leben nicht eingeschränkt.
Was bedeutet es dann asexuell zu sein? Wie lässt sich dieses Phänomen beschreiben und einordnen? Wissenschaftlich betrachtet, existiert bis heute keine eindeutige Definition – vielmehr dient der Begriff der Selbstbeschreibung. Menschen, die keine Lust auf Sex haben, bezeichnen sich häufig als ASS.
Außerdem gilt das Attribut „asexuell“ mittlerweile als dritte mögliche sexuelle Orientierung neben der Homo- und Bisexualität. In einer im Journal of Sexual Research veröffentlichten britischen Studie heißt es, dass unter ein Prozent der Bevölkerung asexuell seien.
Frauen und Männer, die sich als ASS bezeichnen, fehlt jegliches Interesse an Sexualität. Somit weisen sie folgende Merkmale auf:
- Sie haben kein sexuelles Verlangen.
- Sie fühlen sich sexuell nicht durch andere Personen angezogen.
- Sie vollziehen keine selbst initiierten Handlungen zur sexuellen Befriedigung.
Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass Männer und Frauen, die sich selbst befriedigen, nicht geschlechtslos sind.
Asexualität: Ursachen im Überblick
Wie es dazu kommt, dass einige Frauen und Männer im Gegensatz zu einer pansexuellen Beziehung keinerlei Lust auf Intimitäten verspüren, darüber ist sich die Wissenschaft uneins. Allerdings gibt es mittlerweile einige Erkenntnisse aus der Forschung, die sowohl körperliche als auch psychische Faktoren für fehlende sexuelle Vorlieben verantwortlich machen.
Körperlich
Kein Bedürfnis nach Sexualität zu haben, ist – wie eingangs erwähnt – weder eine Krankheit noch notwendigerweise das Ergebnis schlechter Erfahrungen, sondern in den meisten Fällen genetisch veranlagt oder altersbedingt. Wie die Ergebnisse unserer ElitePartner-Studie zeigen, nimmt die Sexfrequenz mit dem Alter kontinuierlich ab: Nur noch etwa jedes zehnte Paar (12 Prozent) zwischen 60 und 69 Jahren hat mehrfach pro Woche Sex, die meisten in dieser Altersgruppe (28 Prozent) haben gar keinen Sex mehr1.
Doch auch andere Asexualität-Ursachen kommen in Betracht:
- Hormonmangel
- Hormonumstellung in der Menopause
- Einnahme bestimmter Medikamente wie Antidepressiva, Beruhigungs- sowie Schlafmittel
- Drogenkonsum
- Fehlfunktion in den Lustzentren des Gehirns
Woher die Vermutung der Fehlfunktion der Sexualwissenschaftler kommt? Sexuelle Zentren im limbischen System des Gehirns werden beim Anblick erotischer Motive oder Filmsequenzen nur gering aktiviert, so dass es erst gar nicht zum Empfinden von Lust kommen kann.
Psychisch
Die Libido ist durch viele Faktoren bedingt, die dazu führen können, dass die Lust ausbleibt:
- Stress
- Überlastung
- Schlafmangel
- Geburt eines Kindes (kurz- bis mittelfristig)
- Sexueller Missbrauch
- Qualität einer Partnerschaft
Hinweis: Sexfrequenz sowie Sex- und Beziehungszufriedenheit hängen signifikant miteinander zusammen.2 Wer sich in seiner Partnerschaft nicht wohlfühlt oder in einer vergangenen nicht wohlgefühlt hat, tendiert möglicherweise dazu asexuell zu werden bzw. eine asexuelle Beziehung einzugehen.
Selbsttest: Bin ich asexuell?
Du willst wissen, ob auch du dich als ASS bezeichnen lassen kannst? Die Beantwortung folgender Fragen könnte Hinweise auf eine (leicht) ausgeprägte Asexualität geben:
- Fühlst du dich bei der Vorstellung von Sex wohl?
- Sexualisierte Werbung, Nacktbilder, erotische Filme oder Pornos – erregt dich das?
- Tauschst du gern Intimitäten aus?
- Fühlst du dich zu einem Geschlecht deutlich hingezogen?
- Ist sexuelle Erregung für dich ein angenehmes Gefühl?
Wenn du die meisten oder alle Fragen mit Nein beantwortest, liefert das noch längst keine Diagnose oder eine klare Antwort auf die Frage „Was ist asexuell?“, aber zumindest kleine Indizien, die für Asexualität sprechen könnten. Doch wer sexuell gefühllos ist, hält diesen Sachverhalt in der Regel geheim. Zu groß ist die Scham und Angst vor der Dominanz der „normalen“ anderen, die sich eine lebenslange platonische Partnerschaft nicht vorstellen können. Dass sie aber durchaus funktionieren kann, entzieht sich der Vorstellungskraft vieler.
So funktioniert eine asexuelle Beziehung
Wer geschlechtslos ist, verspürt zwar Lustlosigkeit, wohl aber ein Bedürfnis nach Nähe, den Austausch von Zärtlichkeiten und einen Wunsch nach Bindung und Partnerschaft. Dabei auf Sex zu verzichten und dennoch eine glückliche Beziehung zu führen, ist möglich.
Der Anthropologe und Autor Javier Léon stellt in seinem Buch „Asexualität – kann man ohne Sex leben?“ klar: Auch eine platonische Beziehung kann emotional erfüllend sein.
3 Voraussetzungen laut unserer Diplom-Psychologin Lisa Fischbach
- Akzeptanz: Das Umfeld muss die Beziehungsform akzeptieren und das asexuelle Paar mit konventionellen Erwartungen an ein erotisch aufgeladenes Liebesleben verschonen.
- Risikobewusstsein: Die Betroffenen selbst sollten um die Risiken einer Beziehung mit einem Partner, der keine Lust auf Sex verspürt, wissen und sich diesen Umstand konsequent und bewusst vor Augen führe. Sexualität ist für viele Menschen ein Grundbedürfnis. Dieses nicht in einer Liebesbeziehung ausleben zu können, führt auf Dauer zu einer immensen Frustration.
- Transparenz: Eine solche Konstellation kann nur dann gelingen, wenn der Partner auch eine sehr gering ausgeprägte Libido aufweist oder wenn er sich mit dem asexuellen Partner darüber verständigt, wie er seine eigene Lust außerhalb der Beziehung ausleben kann. Hier müsse man sehr offen und ehrlich miteinander verhandeln, schon allein, um emotionale Schräglagen zu vermeiden.
Fazit: asexuell und glücklich schließt sich nicht aus
Wer noch nie körperliche Lust und Verlangen verspürt hat, ist möglicherweise – so wie etwa ein Prozent der Bevölkerung – asexuell. Das Gleiche gilt für Menschen, die sich weder von sexualisierter Werbung noch von Pornos oder anderen Darstellungen nackter Körper erregt fühlen. Auch wenn dieser Umstand für viele seltsam klingen mag, so gibt es keinen Grund zur Sorge: Kein sexuelles Verlangen zu verspüren, ist keine Krankheit, die Ursache Nummer eins ist genetische Veranlagung und Betroffene können sich dennoch verlieben und eine glückliche Partnerschaft führen. Damit eine asexuelle Beziehung gelingt, sollte der Partner idealerweise auch eine geringe Libido aufweisen oder aber gemeinsam ein Weg gefunden werden, der für beide Parteien zufriedenstellend ist. Kommunikation, Offenheit und Ehrlichkeit spielen in einer solchen Konstellation eine bedeutsame Rolle. Wer es schafft, transparent, liebevoll und respektvoll miteinander umzugehen, kann auch in einer asexuellen Partnerschaft sehr glücklich werden.
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